Als Orchestermusiker ist man darauf angewiesen sich selbst zu hören und alle anderen Mitmusiker auch. Nur dann kann man sich mit seinem Instrument im Orchester wiederfinden und einordnen. Das gilt für das Timing, die Tonhöhe und die Lautstärke. Das sind elementare Voraussetzungen für ein gutes Konzert. Und wenn`s nicht so ist? Wie „repariert“ man eine akustisch benachteiligte Bühne?
Diese Frage stellten wir uns im September 2021.
Unter der Leitung von Dirk Kaftan und dem Beethoven Orchesters Bonn fand zu diesem Zeitpunkt die Uraufführung der von KI vollendeten 10.ten Sinfonie von Ludwig van Beethoven im Telekomforum Bonn statt. Für das Publikum zuhause gab es seitens der Telekom einen Stream. Damit die Audioqualität des Streams dem Anlass entspricht, wurde dieser in einem externen Aufnahmestudio gemischt.
Die Situation:
Das Orchester spielte auf einer Bühnenfläche von etwa 14 x 14m. Als Rückwand gab es eine LED-Wand über die komplette Bühnenbreite. Rechts und links gab es schwarzen Molton als Sichtschutz auf die Flächen seitlich der Bühne. Und fürs Auge hellgrauen Teppich.
Die Umsetzung:
Die Mikrofonie bestand aus über 80 Schoeps Colettesystemen, welche zusammen mit 2 Yamaha Rivage Mischpulten und dazugehörigen Yamaha RPio 622 Stageboxen, keinerlei Wünsche offen ließen. Dann haben wir 16 Lautsprecher in einem quadratischen Raster über dem Orchester aufgehangen. Die erste Reihe hängt idealerweise über den Violinen, die letzte über dem Schlagwerk. Ist das Orchester größer oder kleiner, passt man die Abstände der Lautsprecher an. Dann brachten wir rechts und links jeweils 4 Lautsprecher neben dem Orchester über „Ohrhöhe“ an. Wir haben nun 24 Lautsprecher, welche wir separat ansteuern konnten. Zusammen mit einem speziellen 24 Kanal Hallgerät (TC REVERB 24) bauten wir nun einen Raum, welcher sich von den grundlegenden Parametern akustisch nicht allzu sehr vom tatsächlichen Raum unterschied, allerdings in einigen Punkten aber optimiert wurde, so dass der räumliche Eindruck stärker nach vorne trat.
Hier erklärt sich auch der Begriff „Acoustic Enhancement“, übersetzt: Akustische Erweiterung. Bei einer zu großen Nachhalllänge wird der Zusammenhang von Optik und Akustik allerdings unglaubwürdig, deswegen ist hier Vorsicht geboten!
Anekdote:
Eine neue Technologie einzusetzen, ist immer risikobehaftet und um so mehr waren wir von dem Ergebnis begeistert oder besser gesagt „geflashed“. Wir wussten zwar, dass der Sound gut werden würde, aber so sensationell hatten wir es selber nicht erwartet. Kurz vor Ende der Aufführung näherte sich ein Zuhörer (ein Schrank von einem Mann) und fragte mit sonorer Stimme: „WAS IST DENN DAS FÜR EIN KLANG?“ Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden, jedoch signalisierte sein „breites Grinsen“ ebenfalls Begeisterung. Unsere Leistung an diesem Abend war gewohnt professionell, unser Gesichtsausdruck in dieser Situation sicherlich nicht. Wir müssen unbedingt daran arbeiten stets einen professionelle Gesichtsausdruck zu haben. Ich nehme diesen Punkt mal zum nächsten Teammeeting mit.
Das Ergebnis:
Wir haben es geschafft, die akustische Situation eines Konzertsaales auf der Bühne nachzubauen und durch die Verteilung der einzelnen Instrumente auf die 24 Monitorwege einen natürlichen Klangeindruck zu schaffen. Denn ein zufriedener Musiker spielt besser! Was wir auch geschafft haben ist, dass das Monitoring im Recordingstudio nicht zu hören war.
Mittlerweile haben wir schon mehrere Konzerte mit diesem Monitoring durchgeführt und erfahren dabei eine nicht erwartete Akzeptanz.
Bei weiterer Neugier: Call MaierSound!